Die Frist zur Einreichung von Vorschlägen für den
Deutschen Tanzpreis 2023 ist abgelaufen.
Die diesjährigen Preisträger*innen werden Ende April veröffentlicht.
Mit dem Deutschen Tanzpreis werden überragende Persönlichkeiten des Tanzes in Deutschland geehrt und aktuelle Positionen im Tanz ausgezeichnet. Das künstlerische Schaffen von Choreograf*innen, Tänzer*innen, Ensembles oder Kollektive steht im Mittelpunkt. Gleichwohl können auch Persönlichkeiten der Pädagogik, Publikzistik, Wissenschaft oder anderer Bereiche des Tanzschaffens mit dem Preis ausgezeichnet werden.
Eine Jury aus Expert*innen aus verschiedensten Bereichen des Tanzes wird die Preisträger*innen
aus den Vorschlägen auswählen. Ende April werden die diesjährigen Preisträger*innen in einer Pressekonferenz vorgestellt.
Die Preisverleihung findet am 14. Oktober 2023 im Rahmen einer feierlichen Tanz-Gala im Essener Aalto-Thetaer statt. Merken Sie sich den Termin schonmal vor!
Am 15. Oktober fand die Preisverleihung des Deutschen Tanzpreises 2022 im Aalto-Theater Essen statt. Mit einem vielfältigen Programm und internationalen Gästen wurde die Vielfalt des Tanzes und die Kunst der Preisträger*innen gefeiert.
Das facettenreiche Programm dreht sich in diesem Jahr ausschließlich um die Preisträger*innen. Gleich zwei Stücke von Marco Goecke sind Teil des Programms. Lilith Hakobyan vom Staatsballett Hannover tanzt zu Musik der Sängerin Barbara das Solo Tué, das Marco Goecke 2009 Prinzessin Caroline von Monaco widmete, als Würdigung ihres jahrelangen Engagements für den Tanz. Rosario Guerra und Louis Steinmetz, ebenfalls vom Staatsballett Hannover, präsentieren außerdem Marco Goeckes Duett Midnight Raga, dessen Titel auf die klassische indische Musik zurückgeht.
Christoph Winkler zeigt sein Stück Coming together zur Musik der gleichnamigen Komposition von Federic Rzewski, gespielt vom internationalen Zafraan Ensemble. Tänzer*innen aus den Niederlanden, Nigeria, Neuseeland und Deutschland setzen sich mit dem Körper in Aufruhr auseinander und erforschen das Potenzial des Körpers für Protest.
Reinhild Hoffmann begibt sich in ihrer eigens für den Anlass kreierten Performance Solange man unterwegs ist… auf die Reise in ihre künstlerische Vergangenheit und lässt ihr Werk der letzten Jahrzehnte in der Gegenwart erfahrbar werden.
Der im Rahmen des Förderprogramms Chance Tanz des Vereins Aktion Tanz entstandene Film WE LIVE IN A STRANGE WORLD - a dance film inspired by the speeches of Greta Thunberg von Christin und Carola Schmidt wird als Beispiel für die Arbeit des Vereins präsentiert.
Marco Goecke und Christoph Winkler erhalten jeweils den Deutschen Tanzpreis 2022.
Geehrt werden außerdem Reinhild Hoffmann und der Verein Aktion Tanz.
Erstmals seit der Gründung 1983 wird der Hauptpreis an zwei herausragende Tanzkünstler verliehen: die Jury unter dem Vorsitz von Dr. Patricia Stöckemann hat entschieden, Marco Goecke und Christoph Winkler jeweils mit dem Deutschen Tanzpreis 2022 mit einer Dotierung von 10.000 Euro zu auszuzeichnen. Außerdem hat sich die Jury dazu entschieden Reinhild Hoffmann mit einem Ehrenpreis für ihr Lebenswerk zu ehren, der ebenfalls mit 10.000 Euro dotiert ist. Der Verein Aktion Tanz wird für herausragende Entwicklungen im Tanz mit 5.000 Euro geehrt.
Die Jury begründet diese ungewöhnliche Entscheidung mit dem Wunsch, die enorme Vielfalt des Tanzes, die sowohl innerhalb der festen Ensembles an Theaterhäusern als auch in der freien Szene entstehen, besser abzubilden und der Leistung der Künstler*innen gerecht zu werden. Die künstlerische und choreografische Wirkung und Bedeutung der ausgezeichneten Künstler*innen für die deutsche und internationale Tanzszene seien herausragend.
Die Preisverleihung mit Tanz-Gala fand am 15. Oktober 2022 im Aalto-Theater in Essen statt.
Fieberhaft, vibrierend, energiegeladen, originell, voller kraftvoller Ideen. Dies sind einige der Beschreibungen, mit denen das einzigartige Tanzvokabular des Choreografen Marco Goecke gewürdigt wird. Sein außergewöhnliches Werk durchquert das gesamte Spektrum des Tanzes, vom Ballett bis zum zeitgenössischen Tanz, und bringt eine unverwechselbare Handschrift hervor, die ihm ganz eigen ist. Mit einer sich ständig weiterentwickelnden Sprache, die immer neue Ideen und Strukturen offenbart, überzeugt er nicht nur sein Publikum auf der ganzen Welt – auch die Jury würdigt seine Arbeit mit dem Deutschen Tanzpreis 2022.
Unbeirrt von der anfänglichen negativen Resonanz auf seine ungewöhnliche choreografische Handschrift entwickelte Goecke weitere Werke, die ihn zu einem herausragenden Choreografen der Gegenwart machen. Er war über ein Jahrzehnt nicht nur Hauschoreograf des Stuttgarter Balletts, sondern ist seit vielen Jahren auch Associate Choreographer beim Nederlands Dans Theater (NDT). Ab der Spielzeit 2019/2020 übernahm Marco Goecke zudem die Ballettdirektion des Staatsballetts Hannover. Seine Werke finden sich im Repertoire zahlreicher Kompanien, u.a. dem des Ballet de l’Opéra de Paris, des National Ballet of Canada, des Staatsballetts Berlin, derm Ballets de Monte Carlo. Darüber hinaus erhielt er mehrfache Auszeichnungen, zuletzt den Jiří-Kylián-Ring.
Was an Goeckes Arbeit hervorsticht, ist sein Beitrag zur Entwicklung des modernen Tanzes. Zum einen durch die Originalität und Unverwechselbarkeit des Tanzvokabulars, für das er bekannt ist und das sich immer wieder darin zeigt, wie er die menschliche Bewegung erforscht und interpretiert und dabei ein Werk hervorbringt, das auch tief kontemplativ und emotional ist. Jede einzelne Geste, fiebrig und kraftvoll fließend zugleich, ist jedes Mal ein überzeugend ungewöhnliches Bild. Das Andere, und besonders erwähnenswert, ist die Art und Weise, wie er mit seinen Tänzer*innen arbeitet. Er hebt ihre ureigene Persönlichkeit und Ausdruckskraft hervor, wenn er sie an und über ihre Grenzen, über die bloße Vielseitigkeit hinausführt.
Die Jury freut sich daher, diesen außergewöhnlichen deutschen Choreografen mit dem diesjährigen Deutschen Tanzpreis auszuzeichnen.
Die künstlerischen Arbeiten von Christoph Winkler umfassen ein weites Spektrum unterschiedlichster Formate und Ansätze – kompromiss- und bedingungslos. Sie reichen von politischen Themensetzungen im Spannungsfeld von Faschismus und Kapitalismuskritik bis zur Altersarmut, hin zu sehr persönlichen Fragestellungen, eine Art von choreografisch, tänzerischer Hausbesetzung. Winkler scheut sich nicht, sich auch mit sperrigen und gesellschaftlich schwierigen Themen auseinanderzusetzen, den Blickwinkel oft über ein eurozentrisches Weltbild hinaus gerichtet, den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs anders, neu und frisch denkend und choreografisch reflektierend. Er sucht sich bewusst choreografisch-intellektuelle Reibeflächen im gesellschaftlichen Kontext. Christoph Winkler gehört zu den vielseitigsten, erfolgreichsten Choreografen der freien Tanzszene in Deutschland und darüber hinaus. Genauso vielfältig wie seine Arbeit, sind seine Lebensstationen, ein Schaubild der Extreme. Geboren in der ehemaligen DDR, war er Spartakiade-Sieger im Gewichtheben, geht seinen Weg als Kampfsportler und Breakdancer hin zum Streetdancer und kommt schließlich zur Staatlichen Ballettschule Berlin und schließt sein Choreographiestudium an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch ab. Seit 1998 kreiert er als freischaffender Künstler mit einer faszinierenden Neugierde auf den Menschen Tanzproduktionen in immer wieder neuen künstlerischen Konstellationen. Er entdeckt und fördert Tänzer*innen und Performer*innen. Sein Arbeitsstil ist von großem Respekt für seine Mitstreiter*innen geprägt, quer durch alle Tanz- und Theatertraditionen, durch alle Kulturen. Und er stellt sich immer wieder neu die Frage, wie man heute tanzen kann, unter dem Begriff der Zeitgenossenschaft, unter Betrachtung der stattgefundenen Tanzgeschichte. Ihn interessiert die choreografische Forschung nach neuen Formen, im Spannungsfeld zwischen Tanz und Konzept, immer auf der Suche nach Bewegung und Geschichte, mit einer großen Liebe zu unbeschönigtem Klang und unverblümter Musik, handfest und heftig.
Für seine herausragende künstlerische Arbeit erhält Christoph Winkler den Deutschen Tanzpreis 2022.
Reinhild Hoffmann gehört zur Pioniergeneration des deutschen Tanztheaters. Für den Tanz in Deutschland war ihr künstlerisches Schaffen von überragender Bedeutung. Sie trug dazu bei, den Tanz als Gattung zu emanzipieren und in Kunst und Gesellschaft zu verankern. Als Tänzerin, Chore-ographin und Regisseurin entwickelte sie ab den 1970er Jahren mit großer Erfindungskraft eine eigene choreografische Sprache von unverwechselbarer Bildfantasie.
In ihren präzise erzählten (Körper-)Geschichten rückte Reinhild Hoffmann die politische Dimension des Körpers in den Fokus. Mit ihrem fundamentalen Interesse an der Bildenden Kunst und einer hohen Musikalität stand sie in ihren Gruppen- und Solowerken für aktuelle gesellschaftliche The-men ein.
Ihre Ausbildung erhielt Reinhild Hoffmann bei Kurt Jooss an der Folkwang Hochschule in Essen. Dort brachte sie ihre ersten choreographischen Gruppenarbeiten als Leiterin des Folkwang Tanz-studios (neben Susanne Linke) heraus. Zudem entstanden Solostücke, die sich durch bewegungs-sprachliche Strenge und Reduktion auszeichneten und das Ausloten von (körperlicher) Freiheit durch Begrenzung zum Thema machten.
Nach verschiedenen Stipendien, u.a. in New York, gründete Reinhild Hoffmann 1978 am Bremer Theater ein eigenes Tanztheaterensemble (anfangs zusammen mit Gerhard Bohner).
Die Stücke, die sie zunächst am Bremer Theater (1978-1986) und dann am Schauspielhaus Bochum (1986-1995) erarbeitete, wurden auf vielen internationalen Gastspielen gezeigt und erhielten zahl-reiche Auszeichnungen. Mehrere wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
Seit 1995 arbeitet Reinhild Hoffmann freischaffend als Choreographin und Regisseurin.
Der Schwerpunkt ihrer Arbeit hat sich auf Regie im Musiktheater verlagert. Sie arbeitet häufig mit zeitgenössischen Kompositionen und geht auch hier wie in ihrem gesamten Lebenswerk innovative Wege, um unsere gesellschaftliche Gegenwart kritisch zu befragen.
Die Jury des Deutschen Tanzpreises 2022 würdigt ihr Lebenswerk in diesem Jahr mit einem Ehrenpreis.
Aktion Tanz – Bundesverband Tanz in Bildung und Gesellschaft leistet seit 15 Jahren eine herausragende, äußerst produktive Arbeit, um die Sichtbarkeit des Tanzes als Medium gesellschaftlicher Teilhabe, als demokratiesensibilisierenden Zugang für Menschen unabhängig von Alter, Körper und Herkunft aufzuzeigen. Der Verband vernetzt bundesweit in diesem Feld tätige Tanzkünstler*innen, Organisationen und Projekte und entwickelt gemeinsam mit seinen Mitgliedern Angebote und Programme, um Tanz in seiner Vielfalt erlebbar zu machen.
Den Anfang zeichnete im Jahr 2007 der Wunsch, Tanzprojekte in Zusammenarbeit mit Schulen zu kreieren, um Kulturelle Teilhabe und Zugang zu Tanzkunst allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen. Durch intensive Netzwerkarbeit und Engagement für die Qualitätssicherung im Feld der kulturellen Bildung und die Trägerschaft des Förderprogramms ChanceTanz hat Aktion Tanz ein Fundament für die Weiterentwicklung relevanter Fragestellungen für die Tanzvermittlungsszene geschaffen.
In den letzten Jahren - parallel zu ihrer Erweiterung von Mitgliedern aus fast allen deutschen Bundesländern, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz - hat sich der Verband weitere Themenfelder als Aktionsfelder vorgenommen. Dazu gehören Inklusion, Schulentwicklung, Chancengleichheit, Nachhaltigkeit, Resilienz und Demokratieentwicklung. All diese gesellschaftsrelevanten Themen werden gemeinsam mit den Mitgliedern in Bezug auf Tanz reflektiert und neue Perspektiven als Wirkungsfelder geschaffen.
Die Jury würdigt das herausragende Engagement von Aktion Tanz mit einer Ehrung im Rahmen des Deutschen Tanzpreises 2022.